Moritzdorf. Erst im Sommer, mitten in der Saison, gestartet, müssen die Betreiber der Moritzburg jetzt wieder ihre Koffer packen. Der Pachtvertrag ist nicht verlängert worden. Dabei hatten Stefan Knipper und Lars Philipps große Pläne: Sie wollten auf der Moritzburg in Moritzdorf (Gemeinde Sellin) ein kreatives Kulturzentrum entwickeln.
Um dem traditionellen Ausflugslokal buntes Leben einzuhauchen, sollte ein Verein gegründet werden, der verschiedene „Projektunternehmungen“ anschiebt. Die Pacht sollte langfristig aus den Mitgliedsbeiträgen finanziert werden. Doch Verpächter und Pächter des Restaurants haben nicht zueinandergefunden. Nun trennen sich ihre Wege wieder. Die Moritzburg ist geschlossen.
Keine Abschiedsparty mehr möglich
„Die Moritzburg wird unter der Leitung von mir und Herrn Phillips leider nicht als Kulturbühne wieder öffnen können, ich bin sehr traurig, dass es nicht weitergeht“, so Stefan Knipper. „Eine Abschiedsparty können wir aufgrund der aktuellen Corona-Situation auch nicht ausrichten, um dem Ort und allen Helfern Danke zu sagen.“
Eigentümer der Moritzburg ist der Binzer Hotelier Harald Schewe. Er hatte von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht, dass er von dem Konzept der Betreiber als wirtschaftlich langfristige Lösung nicht überzeugt ist. Das habe sich nicht geändert. „Und nun ist der Vertrag ausgelaufen“, so Schewe.
Kulturelles vor Geldverdienen gestellt
„Wir aber haben Kulturelles vor Geldverdienen gestellt. Es war nicht unser Anliegen, gehobene Gastronomie vorzuspielen oder ein Restaurant zu betreiben“, so Knipper. Stattdessen sollte ein Kultur- und Kunstbetrieb mit kleiner, regionaler Gastro etabliert werden. Das Programm: Musik- und Themenabende, Klang- und Lichtspiele, Theater, Filmvorführungen, Vorträge, Kleinkunst und Kinderprogramme. Zum nachhaltigen Konzept gehörten auch selbst reparierte Möbel.
Das Publikum in der „Mobu aka Moritzburg – Ausflugskultur & Gastspielstätte & Seglertreff“ war in seiner Bewertung durchaus zwiegespalten, belegen die Rezensionen im Internet. Viele Besucher waren begeistert von der „guten Musik“ und „super entspannten Atmosphäre“, einem „Ort für Kreativität und Entspannung“, den „zwei humorvollen Betreibern“ und dem leckeren Blechkuchen. Viele andere hingegen waren enttäuscht von „dem Niveau einer schlechteren Imbissbude“, einer „unprofessionellen Bedienung“, alten Möbeln, schmutzigem Geschirr und zu lauter Techno-Musik. Einig waren sich allerdings alle Gäste in einem: Der Standort mit der traumhaften Aussicht von der Terrasse ist einzigartig.
Traum, der wie eine Seifenblase platzt
„Wir haben viel Energie und Zeit hineingesteckt. Um das viele Geld geht es ja nicht. Es ist ein Traum, der wie eine Seifenblase platzt“, so Knipper. Gerade habe man ein neues Kassensystem und eine neue Kaffeemaschine angeschafft. „Das Projekt hat schätzungsweise 30 000 Euro verschlungen, aber wir geben nicht auf. Wir sind noch total überwältigt, dass uns der Verein La Grange sofort Hilfe angeboten hat“, so Knipper. Der Verein aus Bergen prüfe, ob dort erst einmal die hochwertige Technik lagern könne.
Für die eigene Vereinsgründung haben bis heute zwei Personen gefehlt, so Knipper. „Kunst und Gastronomie war ein Experiment zu einer schwierigen Zeit, und wir hoffen, dass die Zusammenarbeit mit dem La Grange eventuell neue Wege öffnet. Vielleicht hat ja auch jemand einen neuen Ort für uns, weil wir gerne auf der Insel bleiben möchten.“
Neuer Betreiber bereits im Gespräch
Stefan Knipper ist gelernter Kaufmann und hat, bevor der auf die Insel kam, auf Mallorca im Tourismus gearbeitet. Lars Philipps ist Lichttechnikdesigner und kommt wie er aus Solingen, wo beide bereits eine Kulturspielstätte betrieben haben.
Harald Schewe kündigt indes an, dass es auf der Moritzburg im nächsten Jahr mit neuen Ideen weitergehen soll. Dazu sei er mit einem jungen Gastronom aus seinem Hause bereits im Gespräch. „Er ist fleißig und vom Fach und wird das prima machen“, so Schewe.
Das Ausflugslokal Moritzburg hat eine lange Tradition, denn schon seit 120 Jahren gibt es auf dem Berg eine Restauration. In den vergangenen Jahren haben sich schon einige Pächter versucht.
Von Gerit Herold